Die Megalithkultur in Europa

Die Verwendung von großen Steinen – wörtlich Mega-lithen – war in prähistorischen Gemeinschaften weit verbreitet und diente der Errichtung von großen Bauten, Grabanlagen und Heiligtümern. Viele von ihnen überdauern bis heute als bleibende und faszinierende Kennzeichen unsere moderne Landschaft.

Die früheste bekannte megalithische Konstruktion befindet sich in Göbekli Tepe (Türkei), wo ca. 9000 Jahre v. Chr. bis zu ca. 6 m hohe  verzierte T-förmige Säulen innerhalb eines ummauerten Heiligtums errichtet wurden. Bis 5000 v. Chr. hatte sich auch in der Bretagne (Frankreich) eine Tradition der Errichtung großer Steinsäulen (bekannt als Menhire) etabliert: eine solche Säule in Er Grah bei Carnac war 21 m hoch, wog 280 Tonnen und ist mit der Abbildung einer Axt verziert. In den nachfolgenden Jahrtausenden wurden in vielen Teilen Europas ähnliche größere und kleinere Säulen errichtet, wovon einige an  menschliche Formen erinnern.  

Großsteingräber, die vorwiegend in der Zeit von 5000 bis 2000 v. Chr. erbaut wurden, repräsentieren die älteste, noch erhaltene indigene Architektur Nordwesteuropas. Im Westen überwiegen runde Erdhügel, im Osten längliche Hügel – Nachbildungen der zeitgleichen Behausungen der Lebenden, deren Formen man für die ‚Behausungen der Toten’ übernahm. Es sind zahlreiche regionale Baustile erkennbar, aber in allen Regionen wurden die Baumaterialien sorgfältig ausgewählt, und überall schenkte man den Farben und der Struktur der Steine, die für wichtige Stellen in der Grabkammer und im Umfeld des Grabhügels bestimmt waren, große  Beachtung. Sorgfältig ausgeführte Ausgrabungen zeigen, dass einige Monumente regelmäßig umgestaltet wurden wie z.B. in Flintbek (Deutschland), wo man sechs Phasen unterschiedlicher Bautätigkeit in nur drei Jahrhunderten nachweisen konnte.

Dolmen mit riesigen, schweren Decksteinen, von denen einige mit Schälchen/ Näpfchen verziert sind und geschlossene Grabkammern abdecken, sind in den baltischen Küstenregionen weit verbreitet. Die Portal-Dolmen entlang der Atlantikküsten sind mit Decksteinen versehen, die sich gen Himmel erheben und wie schwebende Steine erscheinen. Größere Monumente mit mehrteiligen Grabkammern sind in beiden Regionen verbreitet, wobei sich Grabbeigaben entsprechend der Form der Kammern abgelegt wurden, die wahrscheinlich in bestimmten zeitlichen Abständen, die man für günstig erachtete, geöffnet wurden.

Am verbreitetsten in Nordwesteuropa sind die Ganggräber mit einer oder mehreren zentralen Kammern, die über einen schmalen, mit Steinen gesäumten Gang durch den Hügel leicht zugänglich waren. Beispiele sind Gavrinis (Frankreich) und Newgrange (Irland), reich geschmückt mit prächtigen Anordnungen von geschnitzten Motiven. In den Trichterbecherkulturen der Niederlande, Norddeutschlands und Südskandinaviens enthalten die Ganggräber üblicherweise reiche Grabbeigaben in Form von Flintbeilen, Keramik und persönlichen Schmuckelementen, die  – wo sie noch erhalten waren – zu den sorgfältig angeordneten sterblichen Überresten der Toten gehörten.

Wie Gräber und Menhire gehören zur megalithischen Tradition auch Steinreihen, Kreise und Rechtecke, wie man sie in der Bretagne, in Irland, Wales, England, Schottland und Teilen Südskandinaviens vorfindet. Diese datieren mehrheitlich in die Zeit von 4000 bis 2000 v. Chr., wobei Stonehenge in Südengland wohl das international bekannteste Beispiel ist.